Stromjammer

Im Jahre 2020 sollen die AKWs in der Schweiz stillgelegt werden. Parallel dazu bezeichnen sich Wasserkraftwerke als nicht rentabel, Kraftwerke mit Kohle - die tief in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts reichen, erleben eine Renaissance und über Gaskraftwerke freuen sich die Russen. Aber schuld an der Unrentabilität des Marktes sind ausgerechnet die alternativen Energien. Warum? Weil es keine variablen Kosten gäbe.

Ist es wirklich so einfach? Die Schweiz hat nur ein Fünftel an Solarstromanlagen pro Kopf, verglichen mit Deutschland und nur ein Drittel gegenüber den Italienern und die sollen schuld sein? Oder liegt das Problem wo ganz anders? Und wenn ja wo?

Hintergrund für den Jammer sind sinkende Grundstrompreise im mitteleuropäischen Raum. Einerseits ist die Nachfrage tatsächlich gefallen und andererseits sucht man einen Sündenbock in Form der Einspeisevergütung für Fotovoltaikanlagen hätte man ihn gerne gefunden.

AKWs müssen weg, spätestens seit Fukushima sollte dies ja klar sein. Wasserkraftwerke brauchen viel Personal, dürften also eher teuer im Unterhalt sein, dafür sind sie eine umweltfreundliche Form der Stromerzeugung. Allerdings, kein Wasser kein Strom. Kohlekraftwerke entsprechen so gar nicht unserer Vorstellung von umweltfreundlichem Strom. Selbst wenn man die Kohlestoffemissionen vielleicht unter Kontrolle halten kann, aber was ist mit dem Abbau und damit der Zerstörung von Natur und Umwelt? Oder macht dies nichts, weil die Kohle mittlerweile nicht mehr aus Europa kommt und die Staublunge den Osteuropäern zugemutet wird?

Die Schweiz kauft und verkauft Strom an die Nachbarländer. Die Nachfrage nach Strom ist nicht linear und bei größerer Nachfrage wird automatisch bei demjenigen gekauft, der zu den tiefsten variablen Kosten produziert. Diese variablen Kosten sind der Teil der Gesamtkosten der von der Menge der Produktion abhängt. Bei geringer Nachfrage wird zuerst von dem teuren Anbieter nicht mehr bezogen. Langfristig bleiben diejenigen Kraftwerke im Netz die sich schnell ein und ausschalten lassen und wo die Preis-Leistung stimmt und die effizient sind. Letzteres ist bei Atomstrom oder Kohle nur bedingt der Fall. Wasserkraftwerke und Kohlekraftwerke laufen rund um die Uhr, sind aber teurer, dem entsprechend müssten nach der oben beschriebenen Logik Photovoltaikanlagen immer den Vorrang haben, den ihre variablen Kosten sind sehr gering. Doch hier kommt nun die Logik der Energielobby, die behaupten Solarstrom sei teuer wegen der Einspeisevergütung.

In Wirklichkeit sind es in erster Linie Privatpersonen, die den Strom aus Ihrer eigenen Solaranlage auf ihrem eigenen Hausdach einspeisen. Die Anlage haben sie mit eigenem privatem Geld gekauft und mit eigenen Mitteln den Installateur bezahlt. Sie leisten als Privatpersonen ihren persönlichen Beitrag zu einer besseren Umwelt und sie stören die Industrie.

Kohle- und Wasserkraftwerke sind keine Objekte, die von Privatpersonen betrieben werden, dahinter stehen zum Teil große Energiekonzerne wie EON. Wer eine Solaranlage hat und auch noch einspeist und nicht alles selber umsetzt, der kauft logischerweise auch keine riesigen Energiemengen bei seinem Stromanbieter. Kurz gesagt, eigentlich stören all die vielen kleinen Solaranlagen das Geschäft der Großindustrie.

Sie bedrohen eine Vormachtstellung. Wer kann sich schon leisten sich mit seinem Stromanbieter anzulegen, wer mag schon ohne Elektrizität leben. Da kommen also Privatpersonen, werden zu schlechten Konsumenten – der besagten Energiekonzerne und dann wollen sie auch noch Geld für ihren produzierten Solarstrom.

Die Industrie sollen mit den Leuten Geschäfte machen, die ihnen eigentlich ihr Geschäft vermissen und schlechte Konsumenten sind.

Sie haben es wirklich schwer, die Energiekonzerne – es könnte sich ja plötzlich jeder zu einem großen Teil von Ihnen emanzipieren und wo bleiben sie dann?